Dienstag, 15. September 2015

Vom Vermissen und von Zeichen

Manchmal fühl ich mich seltsam normal. Ein bisschen so, als wäre nix gewesen. Manchmal kommt das von ganz allein, manchmal zwing ich mich dazu. Und gerade wenn ich mich darüber wundere, wie gut das funktioniert, tut es am meisten weh. Dann fühlt es sich kurz an, als würde mir jemand das Herz rausreißen, es an die nächste Wand klatschen, um hinterher noch darauf rumzutrampeln.

Meinen Bauch versuche ich zu verstecken. Nicht vor Anderen, sondern vor mir. Ich will ihn nicht sehen. Er ist so sinnlos und viel zu groß dafür, dass er so leer ist. Ich möchte ganz schnell wieder schwanger sein, das wünsch ich mir. Aber ich hab auch Angst davor, denn es wird ein anderes Kind sein. Warum kann Johann nicht noch eine Chance bekommen? Warum dürfen so viele andere Menschen leben und er nicht? Und warum fange ich jetzt wieder an, nach dem Warum zu fragen?

Natürlich werde ich auch ein anderes Kind lieben können, wie ich Johann liebe. Trotzdem wird es mich auch auf schmerzliche Art an Johann erinnern. Ein Grund, weshalb ich so ganz kleine Babys im Moment überhaupt nicht ertrage. Johann war einfach so nah dran. Und jetzt ist er weit weg.

Hin und wieder meine ich aber doch ein Zeichen zu sehen. Das passt gar nicht zu mir. Zeichen. Was soll das sein? Eine Nachricht aus dem Jenseits? Wahrscheinlich werd ich verrückt. Aber wenn ich denke: "Ach Johann, schick mir doch mal ein Zeichen. Einen Vogel oder ein Eichhörnchen.", und genau in dem Moment hüpft ein Eichhörnchen im Baum herum, dann ist das schon seltsam. Oder der Schmetterling, der vorgestern ewig lang neben uns her flog. Schon klar, Eichhörnchen und Schmetterling wären auch dort gewesen, wenn ich Johann noch im Bauch hätte. Aber so lange ich nicht anfange mit Ihnen zu reden, bin ich bestimmt auch noch nicht verrückt. Glaub ich. Oder? 

Neuerdings fängt mein Handy manchmal an zu leuchten, einfach so, als würde eine SMS kommen. Aber da kommt keine. Ich seh dann nur das Hintergrundfoto von Johann.






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