Montag, 27. April 2015

Mal ganz allgemein - ein Auskotzpost

Vor ein paar Tagen platzte mir ein bisschen die Hutschnur. Ich musste feststellen, dass es tatsächlich noch Menschen gibt, die hinter Krankheiten einen Sinn sehen. Es fing damit an, dass ich auf Facebook einen Beitrag las, in dem es um Frauen in Schweden ging, die nach einer erfolgreichen Gebärmuttertransplantation schwanger geworden sind und gesunde Kinder zur Welt gebracht hatten. Die Methode ist (noch) nicht sehr erprobt und auch höchst kompliziert, es steht auch nicht fest, ob sich das jemals etablieren wird. Im weiteren Verlauf ging es ganz allgemein um ungewollte Kinderlosigkeit, Möglichkeiten der Behandlung in Deutschland und anderen Ländern. Es wurden auch mehrere Betroffene dazu befragt, wovon eine Frau erzählte, dass sie inzwischen auch über eine Leihmutterschaft nachdenken, obwohl sie wissen, dass das eine ziemlich heikle Sache ist, da die Leihmütter oft auf das Geld angewiesen sind und das natürlich nicht aus reiner Nächstenliebe machen. Diesen Aspekt kann ich durchaus nachvollziehen, weshalb für mich persönlich eine Leihmutterschaft auch nicht in Frage kommen würde. Grundsätzlich kann ich aber Paare verstehen, die diesen Weg gehen. Es ist ja keine Entscheidung, die man von heute auf morgen trifft und meist ist die Verzweiflung an diesem Punkt schon so groß, dass man wohl mehr an sich selbst und den eigenen Kinderwunsch denkt, als an die Lebensumstände der Frau, die das Kind austrägt. Wenn man möchte, kann man sich diesen Aspekt ja sogar noch schön reden. So weit, so gut (oder schlecht).

Ich hätte nach dem Lesen einfach wieder wegklicken sollen. Wirklich. Ich weiß genau, wie sehr mich Kommentarspalten im Internet zum Kochen bringen können. Tja, dumm gelaufen. 

"Man sollte Gott nicht ins Handwerk pfuschen!"
"Es hat schon seinen Sinn, wenn jemand keine Kinder bekommen kann!"
"Man muss nicht alles machen, was technisch möglich ist!"
"Die Natur wird sich schon was dabei gedacht haben!"
"Kinderlosigkeit ist keine Krankheit!"
"Sollen sie doch lieber adoptieren!"
"Es hat schon seinen Sinn!"
"Es hat schon seinen Sinn!"
"Es hat schon seinen Sinn!"


Die Zitate sind fast wortgetreu, ich möchte nicht noch einmal auf die besagte Kommentarspalte gehen, nur um wortgenau zu zitieren. Mir geht jetzt schon wieder der Puls hoch. Ich kann ja durchaus verstehen, dass man manchen medizinischen Eingriffen kritisch gegenübersteht und letztendlich darf ja jeder für sich entscheiden, ob er eine Behandlung machen lassen möchte, oder nicht. Aber zu behaupten, die Natur hätte sich schon irgendwas dabei gedacht und dass das alles einen Sinn hat hat, das hat mich so wütend gemacht, dass ich dazu selbst etwas schreiben musste. Wirklich, ich war sachlich und ich habe argumentiert und ich habe erklärt und gemacht und getan, einfach um auch nur einen Funken Empathie bei diesen Menschen zu erzeugen - es war nichts zu machen! Ich musste mir weiterhin sagen lassen, ich wäre nicht krank und meine Nichtkrankheit hätte einen Sinn.
NEIN, ES HAT EBEN KEINEN SINN! Genauso wenig, wie Pfeiffersches Drüsenfieber Sinn hat, Kurzsichtigkeit, Masern und Fußpilz, ganz zu schweigen von anderen, viel schlimmeren Krankheiten. Wenn überhaupt, dann darf doch bitte jeder Betroffene für sich selbst entscheiden, ob er in seiner Krankheit einen Sinn sieht. Bei manchen Menschen funktioniert das ja tatsächlich, als Schritt zum Akzeptieren.

Und sorry, wenn ich jetzt jemanden enttäuschen muss, aber die Natur denkt nicht! Dazu bräuchte sie zumindest ein Gehirn und ich wüsste nicht, dass sie irgendwo eins hat. Was soll sie auch denken? "Pffff, die Frau wird eh mal eine schlechte Mutter, ich lass die Gebärmutter lieber gleich weg!" oder "Ach, erspar ich ihm doch einfach den Stress, den er in der Pubertät mit seinem Kind haben wird und mach seine Spermien ganz furchtbar langsam und ohne jeglichen Orientierungssinn!"

Ich verstehe zum Beispiel auch nicht, warum manche sich ihre Lippen aufspritzen, oder sich irgendwo Silikonteile einbauen lassen. Aber wenn sie sich damit besser fühlen, dann bitteschön! Ich muss auch nicht alles nachvollziehen können, aber ich verlange einfach ein Mindestmaß an Akzeptanz für solche Entscheidungen, erst recht, wenn ich selbst nicht betroffen bin und den eventuellen Leidensweg überhaupt nicht einschätzen kann. 

Mir wurde dann noch vorgehalten, ich würde jetzt doch sehr emotional reagieren, vielleicht wäre es besser, ich würde zu dem Thema gar nicht mehr schreiben. Das war dann der Moment in dem ich mit dem Kopf auf die Tischplatte hauen wollte. Das Betroffene aber auch immer so emotional reagieren müssen, also ehrlich! (Im Übrigen fand ich mich zu dem Zeitpunkt wirklich noch sehr sachlich, für die vielen Dinge die ich mir im Diskussionsverlauf schon anhören musste. Innerlich stapelten sich schon die Schimpfwörter, um sich gegenseitig zu übertrumpfen.)

So richtig weiß ich nicht, warum ich das jetzt hier nochmal so wiedergebe, wahrscheinlich musste es raus, falls sich doch mal einer der "es hat seinen Sinn"-Fraktion hierher verirrt. Und ich gebe auch zu, dass es mich wirklich beschäftigt hat in den letzten Tagen, auch wenn ich seit vorgestern nicht mehr auf diese Seite gegangen bin. Als ich das letzte Mal dort war, hatte eine besonders hartnäckige Dame nämlich ihren Kommentar gelöscht und damit meine komplette Argumentation auf ihren Schwachsinn, der damit endete, dass sie mir ihre Argumente nicht nennen wollte, da sie dafür zu empathisch wäre. Immerhin, die Lacher hätte sie damit auf ihrer Seite gehabt!


Mittwoch, 22. April 2015

Ob wir noch Freunde werden?

Bisher sind das Schwangersein und ich keine Freunde. Im Gegenteil. Es ärgert mich und ich kann es nicht leiden. Und manchmal hasse ich es sogar! Jaja, ich weiß schon, ich wollte es doch so lange und ich sollte doch jetzt bitteschön gefälligst total glücklich sein und es genießen! Ich kann aber nicht. Ich hab Angst! Nicht etwa davor, dass ich als Mutter versagen könnte, oder ich das alles gar nicht schaffe mit einem Kind. Ich habe Angst davor, dass das Kind gar nicht kommt. Dass es jetzt in diesem Augenblick, in dem ich mir einbilde schwanger zu sein, schon gar nicht mehr lebt. Dabei war vor 10 Tagen alles gut. Es war zeitgerecht entwickelt, das Herzchen schlug nach wie vor und es gab keinen Grund zur Sorge. Für die Ärztin. Für mich schon, denn es bewegte sich nicht und ich hatte doch irgendwo (also überall) gelesen, dass es sich jetzt schon ganz "fleißig bewegt" und man das auch auf dem Ultraschall erkennen kann. Schon klar, es hat bestimmt, ganz die Mutter, gerade geschlafen und wichtig ist ja erstmal der Herzschlag. Aber das ist jetzt auch schon wieder über eine Woche her und woher weiß ich denn, dass es dem Minimensch immer noch gut geht? 

Heute in einer Woche ist die 12. Woche rum. Das war für mich eigentlich ein Etappenziel, ein Punkt an dem ich endlich das erste Mal laut aufatmen kann. Ich hab nur nicht dran gedacht, dass es ab da noch zwei weitere Wochen dauern wird, bis zur nächsten Untersuchung. Dazu kommt, dass ich gerade dabei bin meine Medikamente auszuschleichen. Das Progestan/Utrogest hab ich schon runtergefahren von 3x2 auf 1x1 und das Prednisolon (=Kortison) von einer anderthalben auf eine halbe Tablette am Tag. Bisher konnte ich noch keine körperliche Reaktion darauf feststellen. Aber das Absetzen vom Utrogest ist für mich bisher immer mit einer Blutung verbunden gewesen. Ist ja auch logisch, wenn es nicht geklappt hat, setzt man es ab und bekommt seine Regel. Eigentlich ist es Zeit diese Assoziation loszuwerden!

Mal ganz objektiv betrachtet, hab ich eigentlich keinen Grund zur Panik. Ich habe keine Blutungen und auch keine schlimmen Krämpfe. Der letzte Ultraschall war unauffällig und alles gut entwickelt. Ich habe sämtliche Schwangerschaftsbeschwerden, die man nur haben kann: mir ist schlecht, ich bin aufgebläht bis zum Magen, nachts bin ich unheimlich warm, um nicht zu sagen heiß, mein Ischiasnerv nervt, mein Dekolleté pickelt lustig vor sich hin, vier mal die Woche ein Heulkrampf ist auf jeden Fall drin und meine Brüste sind noch groß, wenn sie auch nicht mehr weh tun.

Nur leider hat eine Schwangerschaft ganz wenig mit Objektivität zu tun und die Hormone tun ihr Bestes, einen noch zusätzlich zu verwirren. Ein bisschen fühlt es sich an, als wäre man fremdgesteuert. Es ist dämlich, aber ich bin seit einer Woche auf der Suche nach einem guten Grund, vor unserem Berlinurlaub in zwei Wochen, nochmal zum Arzt gehen zu können. Es gibt keinen, was ja auch gut so ist. Aber wenn es doch nur ein kleines Brennen beim Wasserlassen gäbe, dann müsste ich ja zum Arzt und wenn ich schon einmal dort wäre, könnte man ja auch nochmal nachschauen, wie es dem Baby geht. Scheiß auf die 30 Euro extra! (Obwohl, muss man die zahlen bei einer Risikoschwangerschaft?) Wahrscheinlich werde ich mich einfach noch drei Wochen gedulden müssen, so wie alle anderen Schwangeren auch. Ist nur ganz schön schwierig, wenn man seinem Körper so rein gar nichts zutraut.