Dienstag, 5. Juni 2018

Über Mütter. Und über's Smartphone.

Ich hab’s ja nicht so mit dem regelmäßigen Schreiben. Aber hin und wieder kommt es vor, dass mir ein Thema nicht mehr aus dem Kopf geht, weil es mich so berührt oder aufregt, dass mir früh um 5 die Wörter im Kopf umherschwirren, so lange bis ich endlich aufstehe und und sie niederschreibe. Bei dem heutigen Thema kommt noch dazu, dass ich glaube, dass es eine unheimliche Relevanz hat. Ich glaube das, weil ich gestern dazu bei Instagram eine Story gemacht habe, in der ich eigentlich nur kurz einen kleinen bis mittelgroßen Rant loswerden wollte und daraufhin ungefähr 70 Nachrichten bekam von Frauen, die meine Gedanken zum Thema gut fanden und ähnlich wütend waren. 

Es fing an mit einem Artikel in der Lokalpresse zum Thema Smartphonenutzung während man sich um sein Baby/Kind kümmert. Überschrift: „Siehst du mich, Mama?“ Allein die Überschrift spricht Bände. Mama. Ja, die Mama, der einzige Mensch auf der Welt, der sich um ein Baby kümmern kann/darf/sollte, denn die Mama, naja, die hat es eben im Blut. Frauen sind eben einfach dafür geschaffen, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche permanent verantwortlich zu sein dafür, dass es ein kleiner Mensch warm und gemütlich hat, dass er Nahrung bekommt, hin und wieder eine frische Windel und ganz viel Liebe. Die Papas, waren sie doch (meistens mehr oder weniger) wichtiger Bestandteil bei der Zeugung, müssen nämlich zur Arbeit gehen und die Kohle ranschaffen (die die Frau dann wieder ausgibt, für Schuhe und Handtaschen versteht sich, weil Frauen sind eben so hihi!) und überhaupt, die können das ja auch gar nicht so gut. Bei Kackwindeln hebt es sie und sowieso, allein schon, wie sie das Baby halten, DAS KÖPFCHEN, PASS DOCH AUF!

Weiter ging es im Text damit, dass man immer häufiger beobachten kann, dass Frauen zB. in der Stillsituation abgelenkt sind, weil sie auf ihr Smartphone schauen, wo doch das Stillen ein so inniger Moment zwischen Mutter und Kind ist, dazu wurden Studien von Entwicklungspsychologen zitiert, die natürlich zu dem Ergebnis kamen, dass das Schäden anrichtet oder zumindest anrichten kann. Im Grunde liest man eigentlich, dass die bösen Frauen, die es wagen, während des innigsten Aktes des Stillens ihr Smartphone in der Hand zu halten, dafür verantwortlich sind, wenn irgendwann die komplette Menschheit bekloppt wird. (Was lustig ist, momentan habe ich nämlich das Gefühl sie ist es schon, ganz ohne dass die Mütter vor 30-60 Jahren während des Stillens mal schnell Instagram gecheckt haben.) Ich war bereits nach dem ersten Teil des Artikels so wütend, dass es mir schwerfiel, den bis zum Schluss zu lesen und ich gebe zu, ich hab es auch nicht getan. Ich finde es, gelinde gesagt, zum Kotzen, dass hier mal wieder hauptsächlich den Müttern sämtliche Schuld in die Schuhe geschoben wird. Denen, die eh schon am allermeisten ihre Bedürfnisse zurückstecken (müssen), wenn ein Kind kommt und das nicht erst mit der Geburt, sondern bereits während der Schwangerschaft. Sind wir doch mal ehrlich, die allermeisten Frauen möchten gern gute Mütter sein, was immer das auch heißen mag. Frauen, die ein Kind bekommen, das ihnen vollkomen egal ist, gibt es auch, aber das ist ein eigenes Thema mit einer ganz eigenen Problematik, um die es jetzt hier nicht gehen soll. Es geht um die „Durchschnittsmama“. Und die informiert sich meist schon wärend der Schwangerschaft, was gut für’s Kind ist, was man möglichst tun und lassen sollte, um keinen „Tyrannen“ großzuziehen und welche Sonnencreme wohl am wenigsten schädlich ist. Man möchte alles richtig machen und glaubt man sämtlichen Ratgebern, dann kann man tatsächlich unfassbar viel falsch machen und alles, ALLES hinterlässt Spuren beim Kind, die sich auf sein gesamtes Leben auswirken. Der Druck, perfekt sein zu wollen, wächst. Manchmal wird sogar das Bauchgefühl übergangen, man weiß teilweise gar nicht mehr, wie man es eigentlich machen soll, immerhin widersprechen sich auch die Ratgeber streckenweise, es ist wirklich zum Verrücktwerden.

So, und dann sitzt man da plötzlich mit diesem Bündel, das vollkommen hilflos ist und man selbst fühlt sich eigentlich genauso hilflos. Und auf einmal ist alles anders. Anders, als man es sich jemals hätte vorstellen können und auch irgendwie anders als in irgendwelchen Ratgebern. Und man merkt irgendwann, dass das Stillen manchmal eine Stunde oder länger dauern kann. Dass man jetzt eigentlich auch gerne mal etwas essen würde. Dass man eigentlich auch schon seit einer halben Stunde auf Toilette muss. Dass man schon seit zwei Wochen niemanden gesehen hat, außer das Kind und den Mann. Dass man eigentlich gar nicht mehr weiß, was so los ist in der Welt. Und zack! hat man das Telefon in der Hand. Mal kurz bei Facebook reinschauen, zwischendurch mal schnell Google befragen, wie man dem Baby bei Bauchschmerzen am besten helfen kann, dann nochmal zu Instagram, oh, da war jemand gestern bei ner Band, die man auch schon immer mal sehen wollte und man haben die vorher nen geilen Burger gegessen, den hätt ich jetzt auch gern! Und zack! ist das Kind plötzlich satt und ich kann endlich auch was essen/auf’s Klo/whatever. Was ich sagen will, ist: Es ist völlig ok, wenn man beim Stillen (was durchaus mal 50% der Tagesbeschäftigung ausmachen kann) mal das Smartphone in der Hand hält und nicht verliebt und hormongeschwängert sein Kind beim Trinken beobachtet, eine Freudenträne im Auge. Manchmal ist das Handy die einzige Verbindung zur Außenwelt. Immerhin dreht die sich ja für alle anderen Menschen weiter, sie bleibt nicht stehen, nur weil man selber gerade ein Kind bekommen hat. Die Freunde gehen arbeiten, unternehmen lustige Dinge und man selbst sitzt zuhause, geht maximal eine Runde spazieren und würde sich zwar gern Gäste einladen, aber dann bitte welche, die etwas zu Essen mitbringen, hinterher direkt die Küche saubermachen und dann bitte wieder gehen, weil man dann merkt, dass man doch so müde ist, dass man die Gelegenheit des schlafenden Babys nutzen möchte, um sich selbst nochmal hinzulegen.

In den allermeisten Fällen stecken Mütter unheimlich viele eigene Bedürfnisse zurück. Vom Bedürfnis jetzt dringend mal zur Toilette zu müssen (was man erschreckend lang zurückstecken kann) bis hin zum Bedürfnis einfach mal wieder feiern zu gehen und mindestens drei Gin Tonic zu trinken, über das Bedürfnis nach acht Stunden Schlaf am Stück. Während sich für die Väter erstmal nicht viel ändert, außer dass nachmittags eine Person mehr auf einen wartet und man nachts vielleicht hin und wieder doch mal wach wird, sich aber dann umdrehen und weiterschlafen kann, während die Mutter versucht das Baby irgendwie im Liegen zu stillen. Gerade wenn gestillt wird, ruhen sich die Väter ja sehr gern darauf aus, dass sie ja sowieso nichts machen können. Könnten sie schon, aber das Fass will ich jetzt nicht auch noch aufmachen. Aber ja, zumindest die Nahrungsaufnahme ist erstmal auf eine Person beschränkt. Und die allermeisten Mütter machen das gern und genießen die Stillzeit und den engen Kontakt zum Kind, den so niemand sonst hat. Und sicher gibt es Frauen, denen es nicht schwer fällt, sich tatsächlich dann nur auf’s Stillen zu konzentrieren, was schön ist. Aber genauso gibt es Frauen (und das ist die Mehrheit), die irgendwann auch mal wieder raus aus dieser Mamablase wollen, denen dann vielleicht langweilig ist, die gern etwas lesen oder sehen würden, das nicht mit wunden Brustwarzen und Kackwindeln zu tun hat. Und dann stellt sich doch die Frage, ob es genauso verwerflich ist zB. ein Buch zu lesen? Oder kommt es dann darauf an, ob es ein Roman (Vergnügen) oder ein Erziehungsratgeber (Bildung) ist? Und spielt es für das Kind eine Rolle, ob ich den Zeitungsartikel online am Handy lese, oder in der Zeitung? Was ich mir gerade auch sehr unpraktisch beim Stillen vorstelle. Oder ist es dem Kind vielleicht sogar einfach egal, weil es sich darüber freut, dass seine Mutter ausgeglichener ist und geduldiger, weil sie sich erlaubt, auch mal ihre eigenen Bedürfnisse zu erfüllen? Möchte ich meinem Kind nicht vermitteln, dass Selbstfürsorge bei aller Empathie und Hilfsbereitschaft auch wichtig ist? 

Ich würde mir einfach wünschen, dass mal danach gefragt wird, wie man Mütter unterstützen kann.  Egal auf welche Art und Weise. Es würde schonmal helfen, wenn nicht ständig geurteilt werden würde (tweilweise sogar am schlimmsten unter den Müttern selbst). Dass nicht geurteilt wird, weil die Frau ein Handy in der Hand hat, während sie am Spielplatzrand sitzt. Dass nicht geurteilt wird, weil sie nach zwei Monaten wieder arbeiten gehen möchte. Dass nicht geurteilt wird, weil sie zwei Jahre zuhause bleiben möchte. Dass nicht geurteilt wird, weil sie nicht stillt, sondern die Flasche gibt. Dass nicht geurteilt wird, wenn sie sagt, sie hat manchmal einfach keinen Bock mehr. Dass nicht geurteilt wird, weil das Kind Brei aus Gläschen bekommt und keinen selbstgekochten. Dass nicht geurteilt wird, weil das Kind mit sechs Monaten schon vom Eis kosten darf. Diese Liste ließe sich (leider!) endlos fortsetzen.

Es ist nicht leicht heutzutage Mutter zu sein und ich habe schon öfter das Argument von Frauen gehört, dass sie sich Kinder schon vorstellen könnten, aber sie würden dann lieber Vater werden. Und ich kann dieses Argument sehr gut verstehen. Es ist einfach eine besondere Aufgabe, die einem Angst machen kann. Aber wir machen sie gut! Das muss man einfach auch mal so sagen. Es wäre echt auch schön, wenn die Gesellschaft uns sowas sagen würde und nicht für noch mehr Druck sorgen würde! Ich glaube, es gab vor uns keine Generation, die sich so viel über Schwangerschaft, Geburt und Erziehung belesen hat. Das allein zeigt doch schon, dass uns diese Themen wichtig sind. Nur irgendwie habe ich leider das Gefühl, dass das auch angreifbar macht, was ich schade finde. Und ich glaube nicht daran, dass unsere Kinder komische Menschen werden, weil wir in der Stillzeit ein Smartphone in der Hand hatten. Ich glaube, dass es einfach ganz normale Menschen werden, die mal gute und mal schlechte Laune haben, die extrovertriert oder introvertiert sind, die ihren Weg schon irgendwie gehen, wenn wir ihnen einfach nur mitgeben, dass kein Mensch auf der Welt jemals perfekt sein wird und dass es vollkommen okay ist, wenn man nicht alles kann und nicht alles weiß und manchmal Dinge anders macht, als irgendein schlauer Text sagt.

Mittwoch, 28. Februar 2018

Unverhofft kommt oft.

Es gab ja hier schon lange keinen Eintrag mehr. Das liegt an Vielem, unter anderem daran, dass ich nicht weiß, was genau aus dem Blog werden soll. Zu erzählen gäbe es viel aus dem sogenannten „Momlife“, Selma wächst und gedeiht, sie ist ein wundervolles, lustiges Kind, aber braucht die Welt echt noch nen Muddiblog? Ich habe mich für nein entschieden. Trotzdem gibt es ja manchmal etwas zu erzählen, was dann doch wieder irgendwie hier rein passt, wie in diesem Fall. Aber von vorn:

Ungefähr jeder Mensch mit unerfülltem Kinderwunsch kennt sie, diese Geschichten von Paar X. Man bekommt sie erzählt von Kolleginnen, Freunden, Bekannten und allen die sich eben sonst noch bemüßigt fühlen, davon zu erzählen wie Paar X, jahrelang unter unerfülltem Kinderwunsch leidend... medizinisch unmöglich... schon abgeschlossen mit dem Thema... Zack!  Schwanger! 
Unglaublich, denkt man da und dann weiß man nicht, was für einen selbst der Mehrwert sein soll an diesen Geschichten. Dass man niemals die Hoffnung aufgeben soll? Es muss ja jedem klar sein, dass sowas die absolute Ausnahme ist. Bei mir hat das immer eine Art Beklemmung ausgelöst. Beklemmung deshalb, weil ich mich ja eigentlich für jeden freuen möchte, der es lange probiert und dann klappt es plötzlich einfach so und dann bin ich doch immer neidisch gewesen auf diese plötzlichen Wunder, neidischer, als auf Paare bei denen es gleich im ersten Zyklus klappt. Schon irgendwie seltsam. 

Nun ja, jetzt haben wir ja zwei Kinder, diese Problematik stellt sich mir also nicht mehr. Dennoch wollte ich sie erwähnen, denn nun sind wir selbst ein Paar X. Eigentlich hatten wir schon die Anträge auf Kostenübernahme für die nächste IVF gestellt und warteten gerade auf die Antwort, als da plötzlich der positive Test war. Ok, es war nicht ein Test, es waren insgesamt 50 Stück, verteilt über die drei Wochen bis zum ersten Ultraschall. Für manche mag das absurd klingen, aber man kann billige Tests online in Großpackungen bestellen und ja, man kann die auch aufbrauchen innerhalb von drei Wochen. Irgendwie war es ein bisschen so, als dürfte nicht wahr sein, was nicht war sein kann. Ich konnte diese zweite Linie auf den Tests nicht glauben, weshalb ich sie immer wieder auf‘s Neue sehen musste. Anfangs war ich mir sogar sicher, wenn ich das nächste Mal ins Bad gehe und auf den Test schaue, wird die Linie verschwunden sein. Das hat man eben von so einer Vorgeschichte wie unserer. Inzwischen brauche ich die Bestätigung in Testform nicht mehr, ich bekomme sie in Form von Dauerübelkeit und -müdigkeit mehr zuUnals mir gerade lieb ist und bin (auch aufgrund anderer Dinge) gerade so ziemlich am Ende meiner Kräfte. Aber ein Ende ist absehbar, zumindest was die Übelkeit betrifft. Ich bin nun in der 10. Woche, bei Johann und Selma ging es mir so bis zur 14./15. Woche. 


Ansonsten freuen wir uns sehr auf dieses Menschlein, das sich da einfach so in unser Leben geschlichen hat und dem es anscheinend völlig schnuppe war, dass das eigentlich „gar nicht geht“. Es wird unseren Verlust nicht wieder gutmachen können, aber ich sehe es als eine Art Versöhnung mit dem Thema und als Chance, das damit dann auch gut abschließen zu können. Vielleicht sagt uns das Schicksal damit auf seine Weise: „Sorry, ich hab da bei euch irgendwie Mist gebaut!“